Robert Hammerstiel zum 80. Geburtstag
Der international renommierte österreichische Holzschneider und Maler Robert Hammerstiel feierte am 1. März 2013 seinen 80. Geburtstag. Eine Würdigung von Philipp Maurer
Robert Hammerstiel, geboren in Werschetz / Vršac, Banat, damals Jugoslawien, heute Serbien, ist sowohl künstlerisch als auch sprachlich eine austriakische Mischung, wie sie Otto Basil beschrieben hat: Hammerstiel spricht deutsch als Muttersprache, daneben und ergänzend auch serbisch, ungarisch, rumänisch, jiddisch. Auch seine Bildsprache nährt sich aus diesen Kulturfeldern, aus innerösterreichisch bäuerlichen ebenso wie aus slawischen Volkstraditionen, aus dem österreichischen feudalen Hochbarock, aus dem Wiener Expressionismus ebenso wie aus der Tradition der serbischen Naiven und der orthodoxen Ikonen. Religiöses, Heiligenbilder und Ikonen, die häuslichen Szenen der Banater Heimat und die existenzbedrohende Erfahrung der Unsicherheit, Wehrlosigkeit und der „Geworfenheit“ (Martin Heidegger) sind die inhaltlichen Fixpunkte der Holzschnitte und Malereien Robert Hammerstiels. Charakteristisch für ihn ist der in mehr als 40 ungehobelte Lindenholzbretter, jedes mehr als 1 Meter hoch, geschnittene Totentanz, in dem Menschen unserer heutigen Gesellschaft vom Tod zum Tanz gebeten werden.
Eine überragende Rolle in Hammerstiels Kunst und Weltbild spielen die Frauen, die Mütter. Hammerstiels Hochachtung vor den Frauen, in denen er die bestimmenden Personen unserer Welt erkennt, erscheint mir vergleichbar mit der Ehrerbietung und Scheu, mit der Goethes Faust zu den Müttern hinabsteigt und erschüttert vom Erlebnis des Urtümlichen und Unaussprechlichen zurückkehrt, findet auch im Holzschnitt-Porträt Ida Strassers aus 1962, augenfälligen Ausdruck. Ida Strasser (1891 – 1970) heiratete nach ihrer Ausbildung zur Kindergärtnerin 1912 den österreichischen Sozialdemokraten Josef Strasser. Gemeinsam mit ihm trat sie 1918 der Kommunistischen Partei Österreichs bei und arbeitete seit 1919 in der Redaktion der Roten Fahne mit. 1928 wurde sie als angebliche Trotzkistin aus der KPÖ ausgeschlossen. Isa Strassers historischer Roman „Tsu Hsi. Chinas letzte Kaiserin“ erschien 1949, der Roman „Land ohne Schlaf“ erschien 1970 in der Büchergilde Gutenberg. Isa Strassers Sohn Peter war von 1946 bis 1954 Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Wiens und wurde 1949 jüngster Nationalratsabgeordneter Österreichs. Das Bildnis ist ein überzeugendes Beispiel für die Hochachtung vor den kräftigen, energiegeladenen Frauen, die sich in der Welt sozial verantwortungsvoll und kreativ durchsetzen.
Vor einigen Jahren wurde das Wohnhaus der Familie Hammerstiel in Vršac zum „Robert Hammerstiel-Museum“ ausgebaut. Dort werden, neben einer Dauerausstellung mit Holzschnitten Hammerstiels, junge lokale KünstlerInnen mit Ausstellungen gefördert. An der Auswahl und Präsentation ist Robert Hammerstiel beteiligt. Auch die Förderung junger MusikerInnen ist Robert Hammerstiel ein Anliegen: in seiner Wohnregion, dem südlichen Niederösterreich, fördert er MusikerInnen der lokalen Musikschulen, indem er die Produktion von CDs ermöglicht.
Robert Hammerstiels Malerei, mit großem Erfolg vom Leopold Museum in Wien bis New York präsentiert, zeigt dieselben Themen in derselben Dichte wie seine Holzschnitte, die Umrisse, die geschlossenen Flächen, die sich optisch zu voluminösen Körpern auswachsen, bleiben auch in der Malerei so dominant wie sie es im Holzschnitt sind; nur sind sie nicht schwarz, sondern farbig. Die Farbe, die mit Lokalfarben nichts zu tun hat, inszeniert das Irreale, das Traumhafte noch mehr als in den Holzschnitten: Robert Hammerstiel malt farbige Schatten der Erinnerung.
Lieber Robert, alles Gute zum 80. Geburtstag!
Dragi Robert, sve najbolje za rođendan!
מזל־טובֿ צו דײַן געבוירנטאָג (mazltov tsu dayn geboyrn-tog!)
Kedves Robert, boldog születésnapot!
Dragă Robert, îţi urez La Mulţi Ani!
Aus: Um:Druck – Zeitschrift für Druckgraphik und visuelle Kultur, Nummer 22, Jänner 2013, S.8